Alastair Humphreys war es glaube ich, der ein Video mit dem Titel „Wir zerstören (bzw. töten) was wir lieben“ veröffentlicht. Spontan hätte man diese Aussage so gar nicht von jemandem erwartet, der die Natur liebt und für mich als der „Erfinder“ der sogenannten Mikroabenteuer gilt.
Mikroabenteuer
Was Mikroabenteuer sind? Nun…kurz gesagt: Wer – aus welchen Gründen auch immer – viel weniger auf Reisen (insbesondere Entdeckungsreisen und Expeditionen von längerer Dauer sind gemeint) gehen kann, der kann dieses besondere Gefühl auch mit geringem zeitlichem und finanziellem Aufwand in einem kleinen Radius um seinen Wohnort herum „simulieren“. Sei es die Fahrt mit der U-Bahn bis zur Endstation und zu Fuß zurück, die Übernachtung im Freien oder das Losgehen ohne Karte und Ziel. Kleine Abenteuer halt, die deshalb Abenteuer sind, weil man sie sonst nicht angeht. Und Mikro, weil sie eben ohne großen Aufwand erlebbar sind.
Mehr!
Wer also viel in der Natur ist, wer reist und das nicht nur als Pauschaltourist (zugegebenermaßen im Moment gerade etwas schwieriger als sonst), kann bei genauerem Hinsehen und Hinfühlen sehr wohl merken, dass eine ganze Menge an der weiter oben getroffenen Aussage dran ist: Wenn wir etwas lieben – oder glauben es zu tun – dann möchten wir gerne mehr davon haben. Mehr an Quantität, mehr an Qualität.
Und wenn es insgesamt auch mehr Menschen werden, die unsere Vorliebe(n) teilen, dann wird es auch in der Summe mehr: Mehr Wanderer in den Bergen, mehr Übernachtungen in Hütten oder draußen, mehr Konsum, mehr Abfall, mehr benötigter Parkraum. Auf der einen Seite also die höhere Frequenz im Zusammenhang mit dem Objekt der Begierde. Auf der anderen Seite (damit jedoch eng verbunden) der steigende Ressourcenverbrauch (Ausrüstung, Treibstoffe zur Anreise und einiges mehr).
Hormesis
Die Dosis macht das Gift. Man muss nun keine gedanklich-akrobatischen Übungen anstellen, um zu erkennen, dass der einstige Liebhaber der Natur genau durch seine „Liebe“ diese eben zerstört. Wohlgemerkt macht der Einzelne, der genießt und liebt in der Regel nicht viel kaputt. Sobald aber eine gewisse Menge, eine gewisse Masse erreicht ist, wird es tatsächlich bedrohlich.
So unlängst im Falle einer sogenannten Influencerin, die die genaue Position eines besonders schützenswerten Fleckchens Erde mit Wasserfall publiziert hat – inklusive Drohnenflug und präziser Angabe der Koordinaten. So viele Besucher, wie dann folgten, konnten weder die Natur noch die zuständigen Behörden verkraften.
Nur ein Beispiel…
… und „nur“ so etwas wie ein Impuls. Was ich eben an und mit der Natur beschrieb, findet so oder so ähnlich in sehr vielen Bereichen statt. Wir zerstören das, was wir lieben dadurch, dass wir mehr davon haben wollen. Mehr für uns – mit dem Tellerrand als individuell fixem Horizont.
Leider haben wir das (menschliche) Maß aus den Augen verloren und denken viel zu selten über die Konsequenzen unseres Tuns (oder Nicht-Tuns) nach. Genauer hinzuschauen und nachzudenken wäre schon mal ein guter Anfang.