Den Älteren unter uns sagen Open Access, Visicalc und Overheadprojektor möglicherweise etwas. Diese Begriffe stammen aus einer Zeit in der man noch mit Akustikkoppler oder Modem arbeitete um ins Internet zu kommen. Aus einer Zeit in der Autotelefone fest mit dem Auto verbunden waren und es noch gar nicht so lange her war, dass man wissen musste in welcher Stadt sich das Auto befindet um es anrufen zu können.
Gerade musste ich an diese Zeit denken und sinnierte darüber, was denn Ende der 8oer / Anfang der 90er Jahre (da habe ich übrigens angefangen zu arbeiten) möglicherweise besser war im Berufsalltag. Selbstverständlich ohne in irgendeiner Nostalgie zu schwelgen;-)
Herausgekommen sind für mich im Wesentlichen drei Punkte:
1. Sprache und schriftliche Kommunikation
Wer sich an die gute alte Hausmitteilung erinnert, wird mir zustimmen, dass sich der Verfasser schon etwas Mühe geben musste um verständlich, klar und fehlerfrei an einen bestimmten Verteiler zu kommunizieren.
Das bedeutete zwar Papier und damit eine theoretische Reduktion des Baumbestandes, aber man hat sich gewiss mehr als einmal überlegt, ob man den Text so losschicken kann. Mit Sicherheit hat allein diese Tatsache zu einer deutlich höheren Qualität in der Kommunikation geführt.
Die verbreitete (Un-)Sitte (insbesondere in der geschäftlichen Kommunikation) durchgängig in Kleinschrift zu schreiben oder Abkürzungen wie „sgdh“ oder „mfg“ zu verwenden, lässt meine Ansicht nach einen gewissen Respekt gegenüber dem Empfänger vermissen.
2. Termine und Meetings
waren mit Sicherheit besser vorbereitet. Wer extern anreisen musste, hatte in der Regel alle Unterlagen dabei, war vorbereitet und (hoffentlich) mit den nötigen Befugnissen ausgestattet.
Das ging auch nicht wirklich anders; telefonische Rückfragen mögen stattgefunden haben, „mal eben“ eine Datei zu senden eben nicht.
Es gab weniger Ablenkungen durch Teilnehmer, die ihre mobilen Endgeräte quälen oder zwischendurch an anderen Themen arbeiten. Das ist zwar keine Frage, ob es „früher besser“ war, sondern vielmehr eine Frage von Stil und Respekt.
3. Ping Pong
Die kurzen Antwortzeiten gehen zu Lasten der Qualität. Wenn Ihr Chef es gewohnt ist, nach ca. einer Stunde schon eine Antwort von Ihnen zu bekommen, dann bekommt er halt „eine“ Antwort. Vermutlich jedoch keine gute und selten die Beste. Der Prozess ist damit auch in der Regel nicht zu Ende: Sie bekommen Rückfragen, die Sie ebenso schnell beantworten, was wiederum zu Rückfragen führt. Ein Teufelskreis, der eine Beschleunigung durch die vermeintlich ständige Verfügbarkeit aller Beteiligten erfährt.
Die (damals so genannten) Neuen Medien sind zwar enorm schnell und erlauben kürzeste Transportzeiten. Ich glaube allerdings nicht, dass sie uns unter dem Strich schneller gemacht haben. Das Tempo der Kommunikation ist rasanter geworden; ja, das mit Sicherheit. Die Informationseinheiten werden aber zusehends kleiner, mit gleichzeitig sinkendem Informationsgehalt. Der für Kommunikation zur Verfügung stehende Zeitraum wird länger bzw. wird voll ausgeschöpft und ist nicht mehr an die Anwesenheit am Schreibtisch gebunden.
Nichterreichbarkeit war Standard, heute ist es Luxus.
Und jetzt? Wie wäre es mit „Eile mit Weile“ oder Entschleunigung an der richtigen Stelle?
- Schreiben Sie erst einmal ins Unreine – für einen gewissen Stil in der (eMail-) Kommunikation, zumindest aber lesen Sie den Text vor dem Senden noch einmal durch und lassen die Rechtschreibprüfung „drüberlaufen“
- Nicht die Menge der Mails macht irgendeinen Erfolg aus es sei denn, der Erfolg besteht darin, andere von der Arbeit abzuhalten. (Kurz und knapp kann man auch am Telefon – leider etwas in Vergessenheit geraten dieses Medium – oder über einen beliebigen Instant Messaging Service kommunizieren.)
- Lassen sie sich genügend Zeit für eine Antwort, beantworten Sie nicht alles und schon gar nicht sofort, wenn die Antwort Ihren eigenen Ansprüchen nicht genügt; halten Sie den Verteiler überschaubar (es sei denn Sie glauben, sich über die Größe des Verteilers profilieren zu müssen.)
- Bereiten Sie Meetings so gut vor, dass Entscheidungen getroffen werden können und werden.
Das Eine tun (die zur Verfügung stehenden Instrumente nutzen) und das Andere nicht lassen (mit gewissem Stil und Respekt kommunizieren und das bei entsprechend hoher Qualität).
(Anmerkung: Visicalc ist eine der ersten, wenn nicht die erste Tabellenkalkulation für den Macintosh gewesen, Open Access für Windows 3.11; um ein Autotelefon des damaligen analogen B-Netzes anrufen zu können, musste man wissen, in welchen Vorwahlbereich sich dieses Fahrzeug befindet und dann die entsprechende Nummer vorwählen)
(Artikelbild: Gratisography.com)