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Von stumpfen Sägen und der Kunst einen Schritt zur Seite zu gehen

  • 4 min read

Gerne zitiert wird die Geschichte eines Mannes, der auf einem Spaziergang im Wald ein schwitzenden Forstarbeiter trifft, der sehr angestrengt dabei ist einen sehr großen Baum mit einer großen Säge zu fällen. 
Allein der Fortschritt ist bemerkenswert gering; die Anstrengung erheblich. Nach ausreichend langer Beobachtung stellt der Wanderer die Frage, ob nicht ein Schärfen der Säge helfen könnte.
 Darauf die Antwort des Forstarbeiters: “Dafür habe ich keine Zeit!”

Viel hilft viel!

So, und genau das ist das Problem. Getreu dem Motto “Viel hilft viel” neigen wir dazu uns einfach noch mehr anzustrengen, noch emsiger zu wirken und dann zu sagen, wir haben ja alles versucht. Nach Außen hin busy, unterm Strich kaum merklicher Fortschritt. Regelmäßiges Phänomen bei Tagungen, Workshops und anderen Veranstaltungen, die mehr als einen halben tag dauern und an denen mehr als drei Personen teilnehmen.

Paul Watzlawik wusste bereits, dass “mehr vom selben” nichts wirklich besser macht und Einstein war überzeugt davon, dass Probleme sich nie mit den selben Mitteln lösen lassen, mit denen man sie geschaffen hat (was vermutlich auch für Personen gilt…)

Ohne Fleiß: Wenig Preis!

Beharrlichkeit, Zielstrebigkeit, Ausdauer, Blut, Schweiß und Tränen gehören dazu, wenn man etwas bewegen will. Sei es der eigene Veränderungsprozess oder ein Projekt im Unternehmen. Das dürfen wir nicht vergessen.

Die Frage ist aber: Wann ist es sinnvoll, eine Pause zu machen, die Werkzeuge zu schärfen oder an einem anderen Punkt der Agenda weiterzumachen, wenn man sich gerade hier und jetzt absolut festgefahren hat? Wann ist Vertagen eine gute Idee (ohne zu einer chronischen Prokrastination zu werden)?

Nur die (demonstrative) harte Arbeit hilft! Oder?

Pausen, Agenda-Änderungen oder Vertagen kommen nicht wirklich gut an; wenn man ein Pensum erfüllen MUSS. Stellen Sie sich einen Workshop mit großzügigen Pausen, eine Tagung mit Bewegungseinheiten oder irgendeine andere Veranstaltung vor, die im Vorhinein den Eindruck machen könnte, dass sie nicht genug durchgetaktet sein könnte oder womöglich noch Spaß macht.

Kriegen Sie die als “Chef” oder Trainer leicht verkauft? Als Mitarbeiter genehmigt? Mindestens fraglich.

Meine Erfahrungen zeigen, dass ein Ziel enorm wichtig ist und eine Veranstaltung an der mehrere Leute teilnehmen, eine Grundstruktur braucht. Meine Erfahrungen zeigen aber auch, dass ein kluges und situatives Abweichen von einer (überholten) Agenda frischen Wind in den Prozess pusten. Mit erstaunlich positiven Ergebnissen.

Wenn Sie einen Tages-Workshop (welcher Art auch immer) leiten und / oder als Teilnehmer aktiv zum Erfolg beitragen wollen, hätte ich da vielleicht 4,5 Anregungen für Sie:

1. Die Schulstunden vergessen
 Die Einteilung von “Arbeits”-Einheiten in 45 oder 90 Minuten-Fenster mag ja üblich sein. In der Praxis halte ich sie überwiegend für Unfug. Natürlich braucht es eine grobe Idee, wie lange sich ein Team mit einem Thema beschäftigt. Ohne Frage. Aber Kreativität oder Lösungen lassen sich nicht in ein Zeitkorsett schnüren.
Gut bewährt hat sich eine Tagesordung, die neben einer Handvoll ToDos den Anfang, ein ungefähres Ende und die grobe Lage einer größeren Pause (meist ist es die Mittagspause) benennt.

2. Wissen, wann Schluss ist
 Wenn Sie so gar nicht mehr weiter kommen, der Input gegen Null geht, die Teilnehmer mit dem Schlaf kämpfen, dann machen Sie eine Pause. Auch wenn an dieser Stelle keine geplant ist. Ziehen Sie die Mittagspause vor (wenn alle einverstanden sind) oder gehen Sie 20 Minuten um den Block und treffen sich dann wieder. Es ist erstaunlich, wie positiv sich Bewegung oder eine Ortsveränderung auswirken.

Wenn das nicht hilft, weiter mit:

3. Nächster Punkt, bitte!
 Es tritt immer wieder auf, dass es einfach nicht weitergehen will. Auch nach einem Ortswechsel. Dann nehmen Sie sich einen anderen Punkt / ein anderes Thema vor, das leichter von der Hand geht. Versuch und Irrtum helfen. Sie können häufig die Reihenfolge der Agenda über den Haufen werfen und sich von “Leicht” nach “Schwer” durcharbeiten.

4. Doch alles Murks?
 Irgendwas ist immer! Und das fast immer zum Schluss: Alles lief gut, bisher waren alle zufrieden. Und dann stellt einer plötzlich alles in Frage. Schlagartige Ernüchterung. Alle Arbeit für die Katz. Vor allem, wenn weitere Leute in die gleich Kerbe hauen.
Keine Garantie, aber einen Versuch wert: Wenn Sie den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr sehen, gehen Sie raus auf den Acker, atmen tief durch und rekapitulieren zusammen was Sie bisher geleistet haben. Kein “Selbst-auf-die-Schulter-Klopfen”, sondern eine kritische Würdigung sollte es sein. Der andere Blickwinkel und eine größere Distanz wirken manchmal Wunder

4,5 Ausprobieren
 Das sind meine Erfahrungen. Für Sie können diese Anregungen hilfreich sein – müssen es aber nicht. Deshalb: Ausprobieren!