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New Normal: Normal ist das nicht…

  • 3 Minuten Lesezeit

The new Normal: Für mich entspringt dieser Begriff dem Wunsch nach einer Normalität, die schon jetzt plan- und gestaltbar ist. Wie aber will man etwas handhaben, das man nicht kennt? Sicher nicht durch jetzt schon fertige Konzepte und Methoden.

Wahrscheinlichkeiten

Was also die Überlebenswahrscheinlichkeit in Zukunft erhöhen wird, ist das, was schon in der Vergangenheit funktioniert hat: Die Güte der eigenen Gestaltungs- und Anpassungsfähigkeit an schnelle und noch schneller werdende Veränderungen. Vor allem aber die Gewissheit und Bewusstmachung, dass es immer Vorkommnisse geben wird, die bisher absolut unwahrscheinlich schienen und, dass die nächste Katastrophe immer größer sein wird als die letzte, auf deren Ausmaß wir uns vorbereitet haben.

Planbarkeitsillusion

Was wir schon lange wissen, aber offensichtlich immer noch nicht wahrhaben wollen: Planung und Vorbereitung funktionieren nicht mehr. Insofern verwundert es schon, dass es auch jetzt soviel Unterstützung für den Gedanken gibt, man könne sich auf alles vorbereiten. Vielleicht dokumentiert die Vielzahl der Beiträge zu diesem Thema auch die eigene Hilflosigkeit der Autoren und Companies - auf jeden Fall aber das Bestreben der eigenen Kompetenzdokumentation. Wer weiß.

Kurieren am Symptom

The new Normal wird vielleicht in Teilbereichen Züge einer irgendwie gearteten Normalität haben. Der Wunsch vieler (insbesondere tradierter) Branchen nach der Wiederherstellung der Zustände aus den guten alten Zeiten wird aber wohl Wunsch bleiben. Die staatlichen Überlebenshilfen für Handel und Automobilindustrie kurieren hier lediglich am Symptom und ignorieren die sich abzeichnende bzw. schon manifeste Verschiebung der Nachfrage bzw. das Ausbleiben derselben.

Ach ja, die Führung...

Damit lässt sich der Bogen spannen zu dem, was Management und Führung in der neuen Zeit denn können sollen und / oder was Erfolg verspricht: Auf „den Kunden“ und seine Bedürfnisse schauen statt auf Produkte oder Technologien. Technologien sind Vehikel, die den Nutzen zu uns bringen, kein Selbstzweck. Die menschlichen Bedürfnisse sind nicht neu - nur manchen wird erst jetzt bewusst, welches ihre ureigenen sind.

Denkfutter, Thesen und Beobachtungen...

Wer sich mit der Zukunft auseinandersetzen möchte - Corona hin, New Normal her - dem biete ich im folgenden Beobachtungen und Thesen als Denkfutter an:

1. Nicht die Digitalisierung setzt aktuell die Arbeitsplätze frei, sondern die erzwungene oder bewusst freiwillige Nachfrageverschiebung.

2. Nationale Autarkiebestrebungen unterstützen die De-Globalisierung und werden zu strukturellen Veränderungen in der Wirtschaft führen. Es besteht grundsätzlich die Chance für neue Arbeitsplätze, die allerdings weniger den „digitalen“ Bereich betreffen werden.

3. Die verstärkte inländische und regionale Produktion von Gütern und insbesondere von Lebensmitteln führt zu merklichen Preisanstiegen.

4. Gleichzeitig wird das verfügbare Einkommen im Schnitt sinken. Sinkende Preise für sogenannte Assets (z.B. Immobilien) begünstigen deflatorische Tendenzen.

5. Die Rückbesinnung auf den Kernnutzen von Produkten wird zu einer höheren Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen führen, die „gut genug“ sind - im Sinne eines weniger aber besser.

6. Die Nachfrage nach den Gut-genug-Produkten hat zwei wesentliche Konsequenzen: Längere Produktlebenszyklen und Zusammenfassung zuvor tayloristisch fragmentierter Arbeitsschritte zu sinnstiftenderen Einheiten.

7. Die eingeschränkte Beweglichkeit und der überproportionale Anstieg der Online-Arbeit und Online-Zeit in Home-Offices führt zu einem Kursanstieg der Währungen „Offline“, „Draußen“ und „Raum“. Analog und Offline sind das neue Gold.

8. Die Sinnhaftigkeit jeglichen Engagements steht am Anfang der Überlegungen, nicht am Ende. Sinn wird aus dem bisherigen Status „Stereotyp“ hinaustreten.

9. Handwerk bzw. manuell produzierte Güter erfahren aufgrund der als höher empfundenen Sinnhaftigkeit in Produktion und Konsum eine Renaissance.

10. Die bedeutendsten und wichtigsten Fähigkeiten sind: Eigenverantwortliches Denken und Handeln. Die Beurteilung der zugänglichen Informationen und Meinungen - und das Treffen von Entscheidungen.

 

(Artikelbild: pixabay)