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Gemeinsamkeiten

  • 3 min read

Ich glaube, wir wollen im Augenblick gar nicht selber denken. Um Energie zu sparen.

Um Energie zu sparen konsumieren wir lieber die Gedanken oder Meinungen anderer – wer auch immer das sein mag – und verdauen sie (mehr oder weniger). Oder uns wird übel daran.

Zeit und Energie, Energie und Zeit

Wir nehmen uns nicht die Zeit, Dinge, Sachverhalte oder Fakten ein wenig intensiver zu betrachten und mal zu schauen, was hinter einigen Buzzwords oder den ganzen Aufregern steckt. Wir regen uns lieber auf, schalten den Verstand oder das (kritische) Denken ab und nutzen den Energie sparenden Modus der alten Gehirnareale: Angriff oder Flucht, Konflikt.

Angriff, Flucht, Verteidigung?

Wobei heutzutage ja eher der Angriff sichtbar wird, da wir uns ja angegriffen fühlen. Warum eigentlich? Nun irgendwelche Bedürfnisse oder Werte scheinen bedroht zu sein. Meist scheint es die Bedrohung des eigenen Weltbildes zu sein.

Wenn ich jetzt all das, woran ich geglaubt habe oder glauben wollte, das wäre ja eine Katastrophe. Wenn etwas anderes wahr wäre als ich bisher angenommen habe, dann hätte ich ja bis jetzt unter falschen Annahmen gelebt. Das geht natürlich nicht. Daher suchen wir die Umfelder und Nachrichten, die unsere Ansicht bestätigen (Confirmation Bias) und lehnen Dinge ab, die unser Weltbild gefährden (Backfire Effekt – so ungefähr jedenfalls).

Alle

Das betrifft alle Seiten. Vermutlich fühlt jede Seite die eigenen Werte von der anderen und ihrem Gedankengut und ihren Aktionen bedroht. Und vermutlich sind es Werte wie Freiheit oder Sicherheit, die die Parteien treiben. Jedoch sieht jeder die seinen Werte durch den anderen gefährdet.

Durchatmen

Ob es nun die Lösung allen Übels oder einer zunehmend sich verhärtenden Situation ist, mal durchzuatmen, nicht nur auf Reizwörter steil zu gehen und sich (und die „gegnerische“ Seite) zu Fragen, worum es denn eigentlich, worum es mir / Dir / uns / denen im Prinzip geht, weiß ich nicht. Die Praxis will sich darauf wohl nicht einlassen, denn einfacher ist immer noch, anders denkende*, anders handelnde aufgrund der vermeintlich offensichtlichen Unterschiede anzugreifen und eine Trennung zu verstärken, als sich die Mühe zu machen, nach den Gemeinsamkeiten, dem Verbindenden zu suchen. Sei es religiös, politisch oder wie auch immer geartet – und nicht nur dort: Auch Marken, Vereine, ja Städte bieten Anlass zur Trennung

Verbindung und Gemeinsamkeit

Denn meist gibt es mehr verbindendes als man annimmt oder bisher geglaubt hat. Es heißt nicht, dass wir in Allem einer Meinung sein müssen oder stets einen Konsens zu erzielen haben. Es heißt, den Angriff und den Druck klug zu reduzieren um die dadurch freiwerdende Energie (weniger Stress, weniger um das Thema kreisende, negative Gedanken) in konstruktive Projekte zu stecken.

Einfach. Machen.

Das ist eigentlich ganz einfach. Und uneigentlich braucht es mindestens zu Beginn etwas gedanklichen und zeitlichen Aufwand, um das Kommando nicht dem Reptiliengehirn und dem Steinzetbetriebssystem zu überlassen. Ein Invest, das reichlich Rendite bringt.

Und wie in fast allen Bereichen: Man muss es nur machen!

*Anmerkung: Was vor nicht allzu langer Zeit ein Qualitätsmerkmal gewesen zu sein scheint, macht nun die Wandlung zu einer pauschal gefährlichen Sache. Anders denken hat nicht nur etwas mit Richtung sondern mit der Tatsache des eigenverantwortlichen Denkens, des Denkens überhaupt und der Denkmethodik zu tun. Wir sollten uns stets fragen, was hinter den Begriffen steckt, was unser Gegenüber darunter versteht – und gute Begriffe nicht kapern lassen.