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An ihrem Gang werdet Ihr sie erkennen – Assessment Center einmal ganz anders

  • 5 min read
Outdoor Assessmant Center

Ähnlich, aber doch nicht ähnlich..
Es ist irgendwie schon erstaunlich, wie unterschiedlch Entscheidungen getroffen werden, die vom finanziellen Volumen und der Fristigkeit her (oder besser Bindungsdauer) ziemlich ähnlich sind.

Wenn Sie sich ein neues Auto kaufen, quälen Sie vermutlich alle zur Verfügung stehenden Online-Konfiguratoren und verschlingen jeden Testbericht, der Ihnen unter Augen kommt. Das machen Sie am besten und am liebsten persönlich – ist ja Chefsache. Wer bezahlt, der entscheidet. Und bevor er entscheidet, prüft er gründlich; sehr gründlich. Undenkbar ist es, einen Kollegen mit der (Vor-) Auswahl zu beauftragen. Ist ja Chefsache. Sagte ich bereits.

Stellen Sie sich vor, Sie erstellen eine Featureliste, was Sie so suchen und was sie bereit sind auszugeben und schicken dann einen Kollegen aus einer ganz anderen Abteilung auf die Suche. Er soll mal ein paar gute Modelle finden und präsentieren.
Das macht er dann auch – und weil er es nicht schnell und / oder gut genug selber kann, beauftragt er wen, der mit der weitergereichten Liste an Anforderungen losgeht und sucht.

Währenddessen

Währenddessen machen Sie es sich gemütlich und warten auf die Präsentation. 4 Wochen später treffen Sie, Ihr Kollege und der externe Dienstleister den ersten von 3 Aspiranten für den Chefparkplatz (man beachte den Wortwitz).
Das geht dann ungefähr so: Sie checken die Ausstattungsliste, die technischen Details, hören sich eine Stunde lang den Motor und die Stereoanlage an und laufen zusammen dreimal um das Objekt der Begierde herum, unter die Haube gucken oder einmal um den Block fahren ist übrigens nicht.

Einen haben wir noch…

In der nächsten Auswahlrunde gibt es vielleicht nur noch ein Modell, aber der Prozess ist so ziemlich der selbe. Eine Stunde, nicht probefahren, Faktencheck, Kollegen oder potentielle Mitfahrer sind nicht dabei. Die haben keine Zeit.

Schließlich

Nach zwei Runden zu je einer oder zwei Stunden ist der Drops gelutscht, der Wagen gekauft (wird übrigens in ca. 3 bis 6 Monaten geliefert) und alle freuen sich. Geschafft! Hand aufs Herz – treffen Sie so Entscheidungen, die Sie möglicherweise drei Jahre oder länger binden und gerne 5-stellige Euro-Beträge kosten (oder auch mehr)?

Wohl kaum!

Komisch, dass es so oder so ähnlich läuft, wenn es um die Einstellung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geht. Sie schicken jemanden los, der eine schriftliche Anforderungsliste von Ihnen hat und im Zweifel keine passende Fahrerlaubnis für das Modell geschweige denn damit umgehen kann; also eher begrenzt Ahnung, worum es wirklich geht. Dieser selektiert dann Leute vor, die Sie anhand der Akten- und Empfehlungslage einbestellen und sich präsentieren lassen um nach einigen Fragen und vielleicht einer weiteren Runde zu sagen: Yepp, der isses – den nehmen wir!

Aber hier machen Sie das

Für eine Urlaubsreise, ein Auto, das neue Smartphone investieren Sie im Zweifel mehr Zeit und Aufmerksamkeit als für die Auswahl und Einstellung neuer Mitarbeiter…

Da geht doch was, oder?

Ich finde schon. Es spricht nichts dagegen, sich kompetente Unterstützung intern und extern für die Suche der besten Mitarbeiter zu holen – wenn denn alle wissen, was sie und wie sie es zu tun haben. Man muss nicht alles selber machen – sagte schon ein gewisser Herr Rockefeller, glaube ich.

Auch die mehr oder weniger klassischen Kennlerngespräche haben ihre Existenzberechtigung. Und sind zur ersten Einschätzung meist gut geeignet. Nur ist das eben eine Laborsituation. Zu kurz um einander gut genug kennen zu lernen. Beide Seiten können viel erzählen, wenn der Tag lang ist – und sich entsprechend gut verkaufen. Das tun sie dann auch in der regel.

Mal ernsthaft

Wenn Sie es aber ernst meinen (und ein sehr langer und intensiver Prozess wie bei einer bedeutenden Nachfolgeregelung im Mittelstand nicht in Frage kommt), sollten Sie einen oder zwei Tage investieren und mit dem Wunschkandidaten draussen mit Rucksack und Wanderschuhen verbringen. Am besten in etwas hügeligem Gelände und mit möglichst viel Zeit in Bewegung. Speziell, wenn Sie in Zukunft intensiv und eng zusammenarbeiten wollen (und müssen). Aus meiner Sicht eine der besten Investitionen, die Sie für sich und Ihr Unternehmen tätigen können.

Erkenntnisse!

Sie erkennen ziemlich gut, ob Sie gemeinsam schwingen (Stichwort Gehtempo) und ob Sie sich was zu sagen haben oder einander schnell auf die Nerven gehen. Sie merken, wie jemand auf unvorhergesehene oder ungeplante Situationen reagiert (oh, ein Eichhörnchen – oder einfach ein Regenguss) und ob Sie sich im wahrsten Sinne des Wortes riechen können. Und Sie erkennen ob jemand Ihr Gefühl von erforderlicher räumlicher Distanz teilt.

Das Ganze geht auch als „Outdoor-Assessment-Event“ (das Wort habe ich mir gerade ausgedacht) mit mehreren Aspiranten und fakultativ dem einen oder anderen zukünftigen Kollegen. Dazu würde ich allerdings auf jeden Fall einen kompetenten und vertrauenswürdigen Sparringspartner mit an Bord äh in die Wanderstiefel holen. Ich kenne da jemanden.

Von Spielen, Leistungstests oder von anderen Sportarten (speziell Wettbewerben oder Matches) halte ich in diesem Zusammenhang nichts. Ich meine ausdrücklich die Fortbewegung in der Natur mit eigener Kraft und eigenem Gepäcktransport.