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Kreativität und Serious Play – oder: Männer, die Bauklötze staunen

  • 4 min read

Sie kennen das. Sie sind kreativ, haben Spaß, können stundenlang arbeiten, Neues ausprobieren, Pläne und Ergebnisse so lange umschmeissen, bis etwas Wunderbares, Innovatives oder Künstlerisches entsteht. Flow, Kreativität, Schöpfung. Anerkennung der Kollegen. Raumschiffe, Zylonentanker, Hyperraumantriebe. Sie vergessen die Zeit, es geht an dieser Stelle überhaupt nicht um Profit. Freies kreatives Arbeiten. Und das fast jeden Tag. Ihre Buddies finden es Klasse!

Das ist das nächste große Ding!

Und dann werden Sie eingeschult. Oder Mutti kommt ins Kinderzimmer und nimmt Ihnen die bunten Klötzchen weg, weil es jetzt Essen gibt. Oder beides.

Der Spaß ist vorbei!

Damit beginnt dann langsam aber sicher das Erwachsenwerden. Zeit mit der Spielerei aufzuhören und ernst zu werden. Für den Ernst des Lebens. Für die Zahlen, die Analytik, das Management, die Karriere.

Wohlgemerkt: Auch wenn Sie Künstler oder Musiker werden oder irgendetwas anderes mit Kunst und Kreativität machen später mal – der normale Weg führt durch ein Bildungssystem, dass seit der industriellen Revolution systematisch auf eine akademische Karriere vorbereitet. Gut, nicht jeder wird Professor, aber Manager oder Chef ist auch ganz gut. Oder Arzt. Politiker eher nicht.

Ohne geht nicht…

Da braucht es Analytik, Lerneifer, scharfe Logik, Effizienz und so. Hard Skills, und den einen oder anderen Soft Skill. Für die meisten kein Spaß.

Und dann machen Sie Karriere, können Ziele, Management und Führung und all das. Sogar Digital! Vielleicht auch etwas Innovation. Aber hey, die Welt dreht sich schnell und andere sind vielleicht nicht schlauer, aber… schneller! Und die haben schneller tolle Ideen. Um die Probleme zu lösen, die es gibt. Oder solche die man erst schafft und um sie dann zu lösen.

..mit aber auch nicht mehr so richtig.

Können Sie auch. Irgendwie. Nur sind Sie vielleicht schon so alt wie ich. Also ganz schön alt. Und ziemlich agil. Meinen Sie, die anderen aber nicht. Und jetzt stecken Sie irgendwo im Prozess, so ein Scrum!

Und was kommt jetzt?

Jetzt kommt ein Berater. Der hat bunte Bauklötze mit Noppen dabei. So welche, die auch Managern wehtun. Besonders, wenn man barfuß drauf tritt. Das sind jetzt aber welche, für „im Ernst“. Deshalb heissen die auch Serious Play. Ein Oxymoron, denken Sie. Damit Spielen nicht zu lullig oder flauschig klingt, ist es jetzt eben Ernst..tut auch etwas weh. Kopfschüttel…. Die Kollegen sind übrigens mit dabei. Nicht die aus dem Kinderzimmer von damals, aber es kommt Ihnen so vor.

So! Und jetzt seid mal kreativ! Alle!

Nach einer Zeit, die vor noch nicht allzu langer Zeit die Spanne der durchschnittlichen Lebenserwartung (für Männer) war, fühlen Sie sich wahrhaftig in Ihr Kinderzimmer zurückversetzt. (Ok, Mutti ist heute nicht da.) Und Sie spielen jetzt nicht, weil Sie wollen, sondern, weil Sie müssen. Kreativ werden und so.

Nach so langer Zeit braucht Ihr Hirn (und der Rest des Körpers und der Organe wohl auch) erstmal mindestens einen Tag um sich an den Gedanken und die Steine zu gewöhnen – und sich nicht mehr ganz zu fühlen wie ein Vollidiot. Hoffentlich guckt keiner von der Konkurrenz!

Anders als gedacht!

Nicht wie ein Vollidiot, den Sie vielleicht meinen. Sondern derart: Wieso habe ich Vollidiot mir zig Jahre den A**** abgearbeitet, den Spaß und das Spielerische aberzogen und wegtrainiert, damit es mit der Karriere klappt. Und jetzt fange ich quasi wieder kurz nach der Oralen Phase wieder an… Throwback oder Flashback. Was hat es gebracht?

Wirklich schräg. Aber so ist es.

Ja, das Spiel, eine spielerisch-kreative Herangehensweise mit genügend Zeit und Raum bringt wirklich gute Ideen. Oder überhaupt erstmal Ideen und Möglichkeiten. Und auch Lösungen. Sogar solche, die mit dem Spiel oder der ursprünglichen Aufgabe gar nichts zu tun haben. Quasi als positiver Kollateralschaden. Berater helfen Ihnen dabei, das Spielen wieder zu erlernen. Langsam, Skepsis reduzieren, die Angst abbauen, man könnte sich zum Affen machen… und dann, nach gewisser Zeit geht es ganz alleine von der Hand und aus dem Kopf… wie früher.

Warum nicht gleich so? Warum nicht immer schon so?

Ist es nicht einfach fahrlässig, das Spiel, die natürliche spielerische Art, das Ausprobieren, das Experimentieren über viele Jahre abzutrainieren um sie nach zig Jahren wieder zu erlernen? Wie können wir es schaffen, diese Spiel- und Spaß-Kompetenz – eine Kernkompetenz, eine Gabe, durchgängig am Leben zu erhalten und zu trainieren? Nicht, dass ich den Beraterkollegen den Spaß an den Trainings oder solche Mandate verderben möchte;-) Wir wollen und sollen ein Leben lang lernen, aber vergessen, entlernen essentielle Kern-Fähigkeiten…

Aufwachen! Das ist wirklich Unsinn.

Verstehen Sie das als Weck- und Aufruf für mehr Spaß, spielerische Herangehensweisen, kindliche Neugier, erlaubte (und erwünschte) Zufälle. Für mehr Ideen und Innovationen. Spielerisch.

In Angelsächsisch knapp gehalten: Für mehr Playfulness und Mindfulness. Statt Factfulness.

(Oh, Bingo!)

 

(Artikelbild: pixabay.de)